Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Leben mit einem Glasauge, Probleme, Erfahrungen, Umgang, Pflege und Erlebnisse.
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Anna135
Beiträge: 114
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Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Anna135 »

Guten Morgen,
muss euch berichten, dass ich gestern mein erstes Glasauge bekommen habe. Die Evisceration ist vor 3 Wochen durchgeführt worden, bisher hatte ich den Conformer im Auge. Es ist schön, wieder 2 Augen zu haben. Trotzdem... irgendwie doch gefühlsmäßig ein auf und ab... auf den ersten Blick passt es gut, aber die Furche oberhalb vom Oberlid ist ziemlich tief geworden... habe vor, eine Brille zu tragen, damits nicht so auffällt bzw. als Schutz. Beweglichkeit .... ja geht so, die kleineren Augenbewegungen macht es gut mit, hm... man weiß, dass es so sein wird, insgeheim hab ich doch auf ein wenig mehr Beweglichkeit gehofft...muss mir jetzt die passende Blicktechnik (mit mehr Kopfbewegung) angewöhnen. Momentan konzentriere ich mich im Gespräch mit meinen Mitmenschen nur aufs "richtig schauen" und weniger auf den Gesprächsinhalt - hoffe das wird besser?!
Was mir Sorge bereitet, es geht nicht ganz zu, ein schmaler Spalt bleibt offen, wenn ich nicht bewusst "zudrücke". Habe zwar momentan noch kein Problem mit Trockenheit da sich noch Sekret absondert. Andrerseits hoffe ich doch noch auf Verbesserung, da lt. Prothetiker an 2 Stellen noch eine Schwellung vorhanden ist.
Ich muss aber auch sagen, dass ich die Prothese gut vertrage, es drückt nichts und das rein- rausgeben funktioniert schon ganz gut. (Beim Herausnehmen nehm ich einen Sauger). Größe und Farbe sind auch zu 95% perfekt, ich darf mich eigentlich nicht beschweren. Und an den Rest werde ich mich wohl gewöhnen (müssen).
Lg Anna
Charlotte
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Registriert: Do 1. Mär 2018, 18:17

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Charlotte »

Hallo Anna,

klasse, die erste Glasprothese, die wie ein Auge aussieht - das ist schon mal ein wichtiger Schritt!
Und du wirst sehen: es wird mit jeder neuen Prothese ein bisschen besser.
Ich kann mich gut erinnern, dass ich am Anfang auch noch nicht richtig glücklich war: wenig Beweglichkeit, tiefe Lidfalte über dem Auge und der Lidschluss war auch nicht so toll.
Inzwischen bin ich rundherum zufrieden mit meinem Aussehen und ich glaube dir wird es ähnlich gehen.
Lidfalte über dem Auge und Beweglichkeit sind zwar nach wie vor nicht optimal, stört mich aber überhaupt nicht mehr.
Brille ist eine supergute Entscheidung, das mildert die "Mängel" doch ganz deutlich.
Inzwischen kommt mir mein Gesicht ohne Brille richtig nackt vor, eindeutig hübscher mit Brille ;) .
Ich wünsch dir weiter Geduild und viel Spaß beim Brille-Aussuchen!

Liebe Grüße
Charlotte
Anna135
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Registriert: Mi 1. Dez 2021, 18:27

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Anna135 »

Hallo Charlotte, danke für deine aufmunternden Worte! Ich werde mir selbst noch ein bisschen Zeit geben müssen, bis die neue Situation zur Routine wird. Aber wie du sagst - Geduld und aufs Brillen aussuchen freuen!
Liebe Grüße Anna
Winnie
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Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Winnie »

Liebe Anna,

erst mal GLÜCKWUNSCH!
Das 1. ist eine große Sache ;-)

Du beschreibst die Gefühle von beinahe jedem.
Es ist - ich hätte es damals nie geglaubt - wirklich so, dass sich das operierte Auge echt noch ein gutes Jahr verändert.
Jede weitere Prothese sitzt anders und in der Regel wird es mit jeder weiteren besser.
Scheue Dich nicht, alle paar Monate eine neue zu holen (Begründungen finden sich dann).

Ganz wichtig ist auch, viel mit anderen Menschen zu reden. Ich war so hyper selbstkritisch - bis mir von 1000 Leuten immer wieder gesagt wurde, dass sie meine "Mängel" überhaupt nicht sehen. Auch habe ich angefangen, bei anderen Promis oder Nachrichtensprechern auf die Augen zu achten und die sind nie "symetrisch". Auch das hat mich ruhiger gemacht.

Dir stehen noch viele Varianten zum Probieren bevor und tatsächlich funktioniert am Ende bei jedem was anderes.
Ich bin erst seit dem Acrylauge wirklich zufrieden und vergesse mein Manko zu 99 % der Zeit.

Sei froh und stolz, dass Du diesen großen 1. Schritt jetzt hinter Dir hast. Ganz viele Probleme hast Du schon mal nie wieder ;-)
Alles Liebe
Winnie

Ps.: Auch ich fühle mich ohne Brille echt mittlerweile "nackt" - sie gibt mir auch ein gutes Gefühl, weil sie meinen Goldschatz (mein verbliebenes Auge) schützt.
Anna135
Beiträge: 114
Registriert: Mi 1. Dez 2021, 18:27

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Anna135 »

Hallo Winnie, danke für deine Antwort.

Ich muss hier ein Update machen:
Heute ist Tag 10 mit meiner 1. Augenprothese und die Situation hat sich für mich bereits sehr verbessert: ich gebe die Prothese nur mehr 2x tägl. heraus zum Abspülen und Reinigen der Augenhöhle. Das funktioniert problemlos. Guter Sitz, es drückt nichts, ich merke die Prothese oft garnicht mehr.
Beweglichkeit: ich glaube, ich habe da eine falsche Vorstellung gehabt, was die Beweglichkeit angeht. Wenn ich mein gesamtes Blickfeld bildlich in 3 Drittel aufteilen würde, habe ich im mittleren Drittel sehr gute Bewegung, nach unten besonders gut, nach oben weniger. Wenn ich mein Auge also nur im "mittleren Drittel" bewege, bewegt sich die Prothese sehr gut mit. Ich glaube, damit kann ich - realistisch betrachtet- ganz zufrieden sein. Ich hoffe, diese Beweglichkeit habe ich auch mit den nächsten Prothesen. Momentan übe ich Blickbewegungen viel mit der Selfie- Videos am Handy.
Die größte Verbesserung ist aber die Lebensqualität: ich kann Leuten ins Gesicht schauen, weil ich weiß, ich schaue sie mit 2 gleichen, geradeausschauenden Augen an!
Ja und eine schöne Brille hab ich mir schon zugelegt!
Ich bin einfach nur froh, den Schritt unternommen zu haben-
Lg Anna
Charlotte
Beiträge: 442
Registriert: Do 1. Mär 2018, 18:17

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Charlotte »

Liebe Anna,
na das klingt doch prima!!!

Mir geht es sogar heute (gut 3 Jahre nach der OP) noch so, dass ich total glücklich bin, weil ich Leuten ganz entspannt in die Augen schauen kann.
Ich hab früher nie dem Blick standgehalten, hab viel zur Seite geschaut und hab mich nicht wohl gefühlt.
Ich wusste, dass meine Augen unterschiedlich sind und dass mein blindes Auge in eine andere Richtung guckt.
Kann sein, dass andere es gar nicht so schlimm fanden, ich fand es aber gruselig!
Das ist jetzt alles Geschichte. Jetzt mag ich mein Gesicht und ich mag meine Augen :)

Klasse, dass du so gut mit deiner Prothese klarkommst und dass du sogar schon eine Brille hast: Glückwunsch dazu!!!
Also ist alles auf einem guten Weg - und so soll es bitte weitergehen!

Liebe Grüße
Charlotte
Winnie
Beiträge: 182
Registriert: Do 19. Sep 2019, 10:48

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Winnie »

Anna135 hat geschrieben: Mi 23. Feb 2022, 09:33 Hallo Winnie, danke für deine Antwort.

Ich muss hier ein Update machen:
Heute ist Tag 10 mit meiner 1. Augenprothese und die Situation hat sich für mich bereits sehr verbessert: ich gebe die Prothese nur mehr 2x tägl. heraus zum Abspülen und Reinigen der Augenhöhle. Das funktioniert problemlos. Guter Sitz, es drückt nichts, ich merke die Prothese oft garnicht mehr.
Beweglichkeit: ich glaube, ich habe da eine falsche Vorstellung gehabt, was die Beweglichkeit angeht. Wenn ich mein gesamtes Blickfeld bildlich in 3 Drittel aufteilen würde, habe ich im mittleren Drittel sehr gute Bewegung, nach unten besonders gut, nach oben weniger. Wenn ich mein Auge also nur im "mittleren Drittel" bewege, bewegt sich die Prothese sehr gut mit. Ich glaube, damit kann ich - realistisch betrachtet- ganz zufrieden sein. Ich hoffe, diese Beweglichkeit habe ich auch mit den nächsten Prothesen. Momentan übe ich Blickbewegungen viel mit der Selfie- Videos am Handy.
Die größte Verbesserung ist aber die Lebensqualität: ich kann Leuten ins Gesicht schauen, weil ich weiß, ich schaue sie mit 2 gleichen, geradeausschauenden Augen an!
Ja und eine schöne Brille hab ich mir schon zugelegt!
Ich bin einfach nur froh, den Schritt unternommen zu haben-
Lg Anna
Klasse!!!
Ja - die Beweglichkeit ist sehr verschieden und erst danach war mir klar geworden, dass natürlich keine "rundrum-Drehung" des Auges mit der Prothese möglich sein kann, dann müsste die auch rundrum gehen und riesig sein. Aber ich hab auch schon viele gesehen, da bewegte sich gar nix ...

Bei mir wurde die Beweglichkeit später immer besser (mit jeder weiteren Prothese) und mir geht es wie Charlotte und Dir: endlich wieder beruhigt und entspannt andere Menschen ansehen. Herrlich!
Ich versuch jeweils, die Gesprächspartner auf meiner Gesunden Augenseite zu haben, da in diese Richtung auch die Prothese besser mit dreht. Neue Menschen, die mich nicht kennen, merken gar nix *freu
Ach Anna: Glückwunsch! Dein neues Leben wird TOLL!
Franz
Beiträge: 131
Registriert: Mo 22. Aug 2022, 12:47

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Franz »

Hallo in die Runde.
Ich habe seit nahezu 65 Jahren ein Glasauge links. Ursächlich dafür ist angeborener grauer Star beidseits. Mit 7 Jahren wurde ich links operiert. Diese OP misslang. Es folgten über einen Zeitraum von 2 Jahren mehrere Nach OPs. Letztendlich wurde meinen Eltern empfohlen, dass Auge zu entfernen, da ich sonst auf dem rechten Auge erblinden würde. Im Alter von 9 Jahren wurde dann die Enukleation durchgeführt. Mit 10 Jahren erfolgte dann erfolgreich die StarOP rechts. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich eine Starbrille mit + 14,5 Dptr.
Durch das Glasauge und die Starbrille war mein Gesichtsfeld erheblich eingeschränkt. Das führte in der Kindheit und Jugend oft zu Problemen beim Spielen, in der Schule und im Beruf. Ich litt unter Minderwertigkeitsgefühlen, fühlte mich oft ausgeschlossen beim Spiel, Sport und vor allem auch abgelehnt von Mädels, da durch meine Brille, die einseitig mit einem extrem starken, nicht entspiegeltem und sehr schwerem Glas schief auf meiner Nase saß, mein optischer Eindruck nicht der Schönste war. Der Lehrkörper der Realschule war von meinen Eltern auch nicht über die Ursachen meiner Sehbehinderung informiert worden. Da saß halt einer mit einem dicken Glas in der Bank. Dass ich zudem auf dem anderen vermeintlich guten Auge nichts sah, da es aus Glas war, fiel den Lehrern nicht auf.

1967 beendete ich die Realschule und begann eine kaufmännische Lehre. Schon in der Berufswahl war ich eingeschränkt, aber letztlich brachte mir die Lehre einen totalen Wechsel in Bezug auf meine Sehbehinderung. Der Wechsel war 100%ig dadurch gegeben, dass ich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Familienversicherung meines Vaters krankenversichert war sondern selbst in einer kaufmännischen Ersatzkasse krankenversichert war. Die Leistungen für Brillen die ich ab diesem Zeitpunkt bekam veränderten mein Leben in Bezug auf meine optische Wirkung und mein Selbstwertgefühl komplett. Ich war plötzlich nicht mehr die Brillenschlange. Damals bekam ich alle Kosten für die Sehhilfe erstattet, einschließlich Brillenfassung. Und die damaligen Kassenfassungen waren durchaus so attraktiv wie die heutigen Null Euro Fassungen bei Fielmann. Ich bekam Bifokalgläser, die den ständigen Wechsel zwischen Fern- und Lesebrille entfallen ließ. Die Gläser waren entspiegelt, getönt und wesentlich dünner. Auch mein Gesichtsfeld wurde dadurch etwas größer.
Mit etwa 19 Jahren riet mir mein Optiker es mit einer Kontaktlinse zu versuchen. Der Versuch war sehr erfolgreich. Noch Heute trage ich bestimmt 15 Stunden täglich eine Kontaktlinse. Meine Optik veränderte sich dadurch nochmals total und nun schwanden auch meine Minderwertigkeitsgefühle und stieg mein Selbstwertgefühl. Der Kontakt mit dem anderen Geschlecht war ab diesem Zeitpunkt kein Problem mehr.

Meine Sehrbehinderung, insbesondere mein Glasauge fiel kaum auf. Das Auge bewegte sich in geringem Maße mit, durch eine eingesetzte Plombe. Ich habe meine Sehbehinderung jahrelang allerdings auch weitestgehend verborgen. Nur wenigen Leuten habe ich sie offenbart und war sie bekannt.

Seit einigen Jahren gehe ich damit allerdings offensiv um. Ich vermeide es Personen an meiner linken Seite zu haben. Wenn nachgefragt wird sage ich offen was los ist und erhalte oftmals erstaunliche Antworten. Sag mal, lügst du mich jetzt an. Du machst aber einen schlechten Scherz. Welches deiner Augen soll denn ein Glasauge sein. So, oder ähnliche Reaktionen erfahre ich immer wieder. Das hat mein Selbstbewusstsein total verändert und gestärkt.

Wenn nach den Hintergründen nachgefragt wird bricht meistens sehr schnell das Trauma aus der Kindheit sich die Bahn und ich muss abbrechen, denn meine Erlebnisse und Erfahrungen sind seelisch nicht überwunden. Auch heute noch kann ich darüber selbst mit Ärzten nicht offen sprechen. Ich war einmal bei einer Psychotherapeutin. Die hat nicht wirklich verstanden was in mir brodelt und ich hab es dann sein lassen weiter zu machen. Mein Neurologe empfiehlt mir, ich sollte einen Psychotherapeuten für Tiefenpsychologie aufsuchen. Dazu konnte ich mich aber bislang nicht durchringen.

Gestern habe ich ein neues Glasauge bekommen. Es sitzt wie immer wunderbar. Im Wartebereich saß mir gegenüber ein Herr im Alter von etwa 50, bei dem ich sofort sah, dass sein rechtes Auge ein Glasauge war. Die Zeit war zu kurz um weiter ins Gespräch zu kommen. Er hatte angeboren den Grünen Star, was bei ihm zur Enukleation führte.

Meine Erfahrung ist die, dass man sich nicht minderwertig fühlen muss. Es ist aber sehr, sehr schwer diese Hemmschwelle zu überwinden.
Winnie
Beiträge: 182
Registriert: Do 19. Sep 2019, 10:48

Re: Erstes Glasauge - 3 Wochen nach Op

Beitrag von Winnie »

Franz hat geschrieben: Fr 2. Sep 2022, 17:49 Meine Erfahrung ist die, dass man sich nicht minderwertig fühlen muss. Es ist aber sehr, sehr schwer diese Hemmschwelle zu überwinden.
Wundervoll zusammengefasst!

Solch eine Einstellung muss reifen und über viele Erfahrungen (dass eben gar keiner so genau hin schaut wie wir) bestätigt werden.
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